Die automatische Substitution und ihre Folgen
Beim Symposium der AG Pro Biosimilars haben Expert:innen vor den negativen Folgen der automatische Substitution gewarnt.
Hier finden Sie den Stream der Veranstaltung sowie die Highlights der beiden Panels — zum Nachlesen und Nachschauen.
Impulsvortrag
Dr. Jasmina Kirchhoff vom iW Köln stellte die Studie „Wer Reshoring möchte, muss Offshoring verhindern“ vor, die sie gemeinsam mit Prof. David Francas von der Hochschule Worms durchgeführt hatte. Zwar gäbe es noch einen starken Standort in Europa. Doch dieser sei bereits am Erodieren. Das habe zum einen mit der Preispolitik europäischer Länder zu tun, aber auch mit staatlich gelenkter Industriepolitik in Ländern wie China oder Indien. Europa müsse, sofern es einen starken Standort und Versorgungssicherheit bei Biopharmazeutika bzw. Biosimilars behalten wolle, vorsichtig sein und den Vorsprung nicht durch Fokussierung auf die Kosten aufs Spiel setzen.
Sie legte folgendes dar:
- Starker Standort: Biosimilars, die für den deutschen Markt bestimmt sind, werden noch zu 50 Prozent in Europa produziert, 30 Prozent davon in Deutschland.
- Wachsende Konkurrenz: Der asiatische Anteil an der Produktion ist seit dem Jahr 2010 von Null auf 30 Prozent gestiegen.
- Gefährliche Tendenz: Einseitige Konzentration auf Kosten bei Biosimilars (automatische Substitution) begünstigt asiatische Produktionsstätten und kann zu Abwanderung führen.
Zwar stütze sich die Versorgung mit Biosimilars auf einen starken Produktionsstandort in Deutschland. Nun aber wolle die Politik den Kostendruck auf Biopharmazeutika massiv erhöhen und biopharmazeutische Wirkstoffe als automatisch gegeneinander austauschbar erklären. Dies sei gefährlich. Europa müsse, sofern es einen starken Standort und entsprechend Versorgungssicherheit bei Biopharmazeutika bzw. Biosimilars behalten wolle, vorsichtig sein und den Vorsprung nicht durch Fokussierung auf die Kosten aufs Spiel setzen. Die automatische Substitution werde das Erodieren des Standortes Europa beschleunigen und sei deswegen ein Irrweg.
Panel 1: Substitution, Versorgungssicherheit und Standort: (Wie) passt das zusammen?“
Hier diskutierten:
- Dr. Jasmina Kirchhoff, iW Köln
- Lars LIndemann, MdB, Sprecher für Arzneimittel der FPD
- Walter Röhrer, Vorsitzender der AG Pro Biosimilars
Dr. Jasmina Kirchhoff sagte, es gäbe zwar noch einen starken Standort in Europa. Doch dieser sei bereits am Erodieren. Das habe zum einen mit der Preispolitik europäischer Länder zu tun, aber auch mit staatlich gelenkter Industriepolitik in Ländern wie China oder Indien. Europa müsse, sofern es einen starken Standort und Versorgungssicherheit bei Biopharmazeutika bzw. Biosimilars behalten wolle, vorsichtig sein und den Vorsprung nicht durch Fokussierung auf die Kosten aufs Spiel setzen.
Lars Lindemann machte deutlich, dass seine Partei die automatische Substitution durchaus kritisch sehe. Er habe sich aber im parlamentarischen Prozess nicht durchsetzen können. Bei Generika sei es in den letzten Jahrzehnten einzig darum gegangen, den Preis zu drücken. Wenn dies nun auch bei den Biosimilars passiere, könne er nachvollziehen, dass sich Hersteller zurückzögen. Man müsste anfangen gesundheitswirtschaftlich zu denken, so Lindemann.
Walter Röhrer äußerte sein Unverständnis darüber, dass die Politik bei den Biosimilars dieselbe Entwicklung einleite, die sie bei den Generika derzeit versuche rückgängig zu machen. Er versprach, dass die Biosimilars auch ohne automatische Substitution genügend Einsparungen bringen würden und forderte die Politik auf den automatischen Austausch zu stoppen.
Panel 2: Automatische Substitution bei Parenteralia – was ist jetzt zu beachten?“
Hier diskutierten:
- Dr. André Breddemann, Abteilungsleiter Verordnete Leistungen BARMER
- Dr. Christopher Kirsch, Stv. Vorsitzender der AG Pro Biosimilars/Head Market Access, Sandoz Deutschland/Hexal AG
- Christiane Müller, Geschäftsführerin, VZA e.V.
- Thomas Müller, Abteilungsleiter 1, BMG
In diesem Panel wurde darüber diskutiert, was der G‑BA-Beschluss zu den Biosimilars in Parenteralia eigentlich bedeutet, welche Wirkstoffe er meint und welche Probleme es für die Umsetzung geben kann. Mit Blick auf den G‑BA-Beschluss wurde überdeutlich, dass es noch viele Unklarheiten darüber gibt, was nun eigentlich geregelt ist.
Dr. Christopher Kirsch sagte, der G‑BA-Beschluss werfe mehr Fragen auf, als er beantworte. Er lasse offen, welche Wirkstoffe er überhaupt für austauschbar halte. Das gäbe große Probleme bei der Umsetzung. Und der G‑BA bestimme die Austauschbarkeit an Stellen außerhalb von Rabattverträgen. Das sei sozialrechtlich nicht legitimiert und damit rechtswidrig.
Auch Christiane Müller, betonte die Unklarheiten des Beschlusses, der die Apotheken vor große Probleme stelle. Begriffe würden nicht definiert und die Apotheker an vielen Stellen alleine gelassen. Sie forderte den G‑BA u.a. auf, eine konkrete Liste mit Wirkstoffen zu erarbeiten, die ausgetauscht werden können.
Thomas Müller gab zu, dass die Normenklarheit noch nicht ideal sei. Gleichzeitig stellte er klar, an der automatischen Substitution festhalten zu wollen. Ziel sei es, dass die Wirtschaftlichkeit erhöht werde. Und das würde durch Rabattverträge erreicht. Für ihn bedeuteten Biosimilar-Marktanteile von 90 Prozent nicht, dass die Wirtschaftlichkeit maximal ausgeschöpft sei – auch nicht, wenn bereits jetzt bis zu 80 Prozent Rabatt gewährt würden.