Studien

Wo Biosimilars weltweit produziert werden: So stark ist der Standort Deutschland!

Chancen, Risiken und ein Blick in die Zukunft

Sie senken die Behandlungskosten für die Krankenkassen, ermöglichen mehr Patient:innen Zugang zu neuartigen Biopharmazeutika-Therapien und stehen für maximale Versorgungssicherheit. Damit vollbringen Biosimilars – also Nachfolgepräparate ehemals patentgeschützter biopharmazeutischer Arzneimittel – die Quadratur des Kreises. Für unser Gesundheitssystem, die Patien:tinnen, aber auch für den Biotech-Standort Deutschland.

Bemerkenswert ist vor allem die Höhe der Einsparungen, die durch Biosimilars generiert werden – eine Arzneimittelgruppe, die noch relativ jung und manchen weitgehend unbekannt ist. Von der Einführung der ersten Biosimilars bis zum Ende des Jahres 2021 konnten durch sie 4,2 Milliarden Euro eingespart werden. Denn der Wettbewerb führt zu massiven Preissenkungen – etwa beim Rheumamittel und einstigen Blockbuster Adalimumab: Hier ist der Preis für eine Tagestherapiedosis seit Patentablauf um rund 44 Prozent gesunken.

Auch in puncto Versorgungssicherheit profitiert das Gesundheitssystem von Biosimilars. Anders als bei Generika gibt es hier eine durchweg stabile Versorgung. Grund dafür ist nicht zuletzt eine über den gesamten Globus diversifizierte Produktionslandschaft, robuste Lieferketten sowie ein traditionell starker Standort Europa.

Wie aber steht es um diesen Standort? Das hat die Unternehmensberatung Roland Berger im Auftrag der AG Pro Biosimilars untersucht. Der Statusbericht skizziert die Bedeutung der Biosimilars-Produktion in Europa. Er zeigt auf, wie er sich seit Zulassung der ersten Biosimilars im Jahr 2005 entwickelt hat – und welche lokalen und globalen Entwicklungen ihn prägen werden.

Mehr als 300 Biosimilar-Wirkstoffe in der Pipeline

Derzeit existieren Biosimilars für 16 Wirkstoffe. Durch sie haben mehr Menschen – etwa mit Rheuma – Zugang zu einer Biopharmazeutika-Therapie. Tendenz steigend: Derzeit gibt es rund 300 laufende Zulassungsstudien weiterer Biosimilars.

Etwa in der Augenheilkunde. Hier wird die medikamentöse Behandlung derzeit stark durch wenige, sehr kostenaufwändige, Wirkstoffe dominiert. Biosimilar-Hersteller rüsten sich bereits für die erwarteten Patentabläufe. Auch Osteoporose und Psoriasis sind Indikationsgebiete von hohem Interesse für Biosimilars-Hersteller. 

Dabei ist der europäische Markt für die Unternehmen seit jeher von besonderer Relevanz. Nicht zuletzt aufgrund wegweisender Pionierarbeit der europäischen Arzneimittelbehörde hat sich ein funktionierendes Zulassungssystem mit höchsten Anforderungen an Produktion und Sicherheit entwickelt. Gepaart mit einer umfassenden Erstattung machte dies Europa zum Kernmarkt für Biosimilars.

Derzeit werden daher mehr als 60 Biosimilar-Präparate in der EU vermarktet – das sind mehr als doppelt so viele wie in den USA.

Der europäische Biosimilarmarkt – ein funktionierendes Ökosystem

Europäische und auch deutsche Werke sind seit jeher stark bei der Produktion von Biosimilars. So waren im Jahr 2020 mehr als die Hälfte (56 Prozent) aller hierzulande vermarkteten Biosimilars europäischer Herkunft. Das ist viel, doch ein Blick in die Historie zeigt: Europa war einst deutlich stärker! Für die hierzulande zugelassenen Biosimilars der ersten Generation (z.B. Filgrastim, 2008) war es sogar der Hauptproduktionsstandort. Von 2005 bis 2015 – kamen nahezu alle Biosimilars, die hier benötigt wurden, aus der EU und insbesondere aus Deutschland.

Das “Bio-Dreieck” in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Wesentlicher Treiber für den europäischen Erfolg ist das sogenannte Bio-Dreieck im Raum Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hier hat sich ein Chemie‑, Pharma- und Biotech-Cluster von globaler Bedeutung gebildet. Besonders in Deutschland – hier werden 10 Prozent unserer Biosimilars produziert – haben zuletzt wichtige Biotech-Firmen in ihre Produktionskapazitäten investiert und könnten in den kommenden Jahren in der Biosimilar-Produktion Meilensteine setzen.

Eine Vielzahl an Herstellern, die für den europäischen Markt produzieren, sorgt in Verbindung mit einer regional diversifzierten Produktionslandkarte derzeit für maximale Versorgungssicherheit bei Biosimilars. Ein Faktor, der dafür maßgeblich ist, ist ein starker Standort in Deutschland. Doch der ist jetzt in Gefahr.

Aufgepasst – verschiebt sich die Produktion Richtung Asien?

Tatsächlich zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, dass der Biosimilar-Standort Europa bereits an Bedeutung verliert. Seit 2015 nimmt die Zahl der Länder zu, in denen die in der EU zugelassenen Wirkstoffe hergestellt werden. Die Produktion verlagert sich mehr und mehr Richtung Asien und zwischen 2016 und 2018 wurden bereits fünf in Südkorea hergestellte Biosimilar-Antikörper in der EU zugelassen. Das Ergebnis heute: eine global diversifizierte Produktionslandschaft.

Eine Vielzahl an Herstellern, die für den europäischen Markt produzieren, sorgt in Verbindung mit einer regional diversifizierten Produktionslandkarte derzeit für maximale Versorgungssicherheit bei Biosimilars. Ein Faktor, der dafür maßgeblich ist, ist ein starker Standort Deutschland. Doch der ist jetzt in Gefahr

Lokaler Kostendruck – ein Treiber für die Verschiebung

Eine gesetzliche Regelung, die in diesem Sommer in Kraft tritt, könnte die Verschiebung der Biosimilar-Produktion Richtung Asien jedoch beschleunigen und somit den deutschen Biotech-Standort schwächen. Dann sollen Biopharmazeutika nach dem Beispiel der Generika in der Apotheke gegeneinander ausgetauscht werden. Diese sogenannte „automatische Substitution“ ebnet den Krankenkassen den Weg zu exklusiven Rabattverträgen, bei denen oft nur ein einziger Hersteller mit der Versorgung betraut wird, der in den vorgelagerten Ausschreibungsverfahren alle anderen Unternehmen preislich unterbieten muss. Diese Maßnahme aber hat bereits bei Generika den Kostendruck so weit erhöht, dass weite Teile der Produktion Richtung Asien abgewandert und eine gefährliche Abhängigkeit gerade bei versorgungskritischen Arzneimitteln entstanden ist.

Wer den europäischen Produktionsstandort bewahren oder gar ausbauen will, sollte sich dieser Effekte bewusst sein. Lokaler Kostendruck verschafft Produktionsstätten in Low-Cost-Ländern wie China oder Indien Vorteile und beschleunigt eine Entwicklung, die längst begonnen hat.

Januar 2022

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Die Studie “Biosimilar-Produktion weltweit: So stark ist der Standort Deutschland!” zeigt, wo die in Europa benötigten Biosimilars produziert werden — wie sich diese Produktion in den vergangen 15 Jahren verschoben hat. (Januar 2022)

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Die Kernergebnisse der Studie “Biosimilar-Produktion weltweit: So stark ist der Standort Deutschland!” haben wir hier übersichtlich für Sie zusammengefasst!

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