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“Wir können nicht alle Kassenschlager nachbauen”

Stephan Eder ist Westeuropa-Chef von STADA und Kenner des Biosimilar-Geschäfts. Im Interview spricht er über teure 

Entwicklungsverfahren, unsichere Marktbedingungen und warum es 2032 nicht mehr genug Biosimilars geben wird.

Dr. Stephan Eder: Insgesamt haben wir – in Zusammenarbeit mit unseren Entwicklungspartnern – sieben Biosimilars auf dem europäischen Markt und unsere Pipeline ist gut gefüllt. Vor kurzem haben wir erfolgreich ein Biosimilar für Ustekinumab auf den Markt gebracht.

Das ist ein Wirkstoff gegen Immunkrankheiten wie Schuppenflechte oder Morbus Crohn. Dadurch können viele Patientinnen und Patienten jetzt schneller die für sie notwendige Therapie erhalten. Gleichzeitig spart das Gesundheitssystem Geld im Vergleich zur Therapie mit dem Original-Medikament.

Was ist die Biosimilar-Lücke?

Wegen hoher Kosten und fehlender Planbarkeit stellen Hersteller nach Patentablauf keine Biosimilars her.

Deshalb bleiben die Original-Biopharmazeutika teuer.

Wichtige Einsparungen gehen verloren: Bis 2032 sind das 15 Milliarden Euro.

Fazit: Biosimilars sind kein Selbstläufer — es braucht Anreize!

Die Studie zur Biosimilar-Lücke gibt es hier.

Dr. Stephan Eder: Wir schauen uns jedes ablaufende Patent genau an. Biosimilars sind bei großer Konkurrenz am Markt teilweise bis zu 80 Prozent günstiger als das Original – das ja in seiner patentgeschützten Zeit keine Wettbewerber hat und entsprechend hohe Preise nehmen kann. Gleichzeitig ist die Entwicklung von Biosimilars komplex und teuer. Wir reden hier von fünf bis sieben Jahren Entwicklungszeit und, je nach Wirkstoff, von Kosten zwischen 150 bis 250 Millionen Euro. Das ist kein Selbstläufer, sondern das muss man sich als Firma genau überlegen. Zumal es viele Unsicherheiten gibt, selbst wenn die Entwicklung klappt.

Dr. Stephan Eder

…ist seit 2020 Executive Vice President (EVP) für Westeuropa und Deutschland bei STADA. Von 2017 bis 2020 war er Country Head von Sandoz Deutschland und CEO der Hexal AG. Zuvor hatte er verschiedene Führungspositionen bei Sandoz und Novartis inne.

Dr. Stephan Eder: Insgesamt ist es so: Je kleiner der erwartete Umsatz, desto eher überlege ich als Unternehmen, ob ich das Produkt überhaupt entwickeln soll. Diese Logik sollte allen Beteiligten klar sein.

Jeder Markt in Europa ist etwas anders. Es sind viele Annahmen zu treffen. Man hat als Unternehmen nicht überall vollständige Informationen, beispielsweise über das Umfeld an Wettbewerbern oder Ausschreibungs-Logiken, die über die Marktteilnahme entscheiden. Manche Länder ermöglichen exklusive Verträge mit einzelnen Firmen, die dann den ganzen Markt beliefern. Bei diesen Ausschreibungen dominiert der Preis als Kriterium für den Zuschlag.

Der billigste Anbieter gewinnt. Darauf muss man sich einlassen wollen bzw. können. Typischerweise sind unterschiedliche Aspekte von Originalprodukten durch einzelne Patente geschützt. Auch das kann zu Unsicherheiten bei der Einführung beitragen.

Dr. Stephan Eder: Korrekt. Wenn Anreize fehlen, Biosimilars zu entwickeln, kostet das die europäischen Gesundheitssysteme richtig Geld. Die besagte IQVIA-Studie beziffert die Summe aus den entgangenen Einsparmöglichkeiten auf 15 Milliarden Euro, weil ohne Biosimilars weiter die teuren Originale verordnet werden müssen.

Das ist nur der finanzielle Aspekt. Hinzu kommt natürlich, dass dann auch viel weniger Menschen die für sie richtige Therapie erhalten.

Was sind nochmal Biopharmazeutika?

Biopharmazeutika sind eine relativ neue Art von Arzneimitteln. Anders als ihre chemischen Pendants entstehen sie aus lebenden Zellen. Man nennt sie deshalb auch „biologische Medikamente“. Sie sind hochkomplex und wirken sehr erfolgreich gegen Krankheiten, die lange als schwer behandelbar galten, beispielsweise Rheuma oder Schuppenflechte.

Und was sind Biosimilars?

Weil Biopharmazeutika so schwierig herzustellen sind, ist die Therapie oft sehr teuer – zumindest während der Zeit des Patentschutzes. Lief dieser ab, standen zuletzt in der Regel günstigere Nachahmer-Produkte parat, die sogenannten Biosimilars. Diese wirken sehr ähnlich und sind genauso sicher. Sie sind aber durch den Wettbewerb meist günstiger als die Original-Produkte. So sorgen sie nicht nur für Einsparungen, sondern auch dafür, dass Menschen versorgt werden, die sonst lange auf eine Therapie mit einem Original-Biopharmazeutikum hätten warten müssen.

Dr. Stephan Eder: Der Biosimilar-Markt in Deutschland funktioniert noch gut und ist für uns zweifelsfrei der wichtigste. Noch. Denn auch hier gibt es Tendenzen, welche die Entwicklung von Biosimilars aus wirtschaftlicher Sicht noch weiter erschweren. Klar ist: Wir liefern mit unserem Produkt auch ein Werteversprechen. Das steht für Qualität, Sicherheit und quasi garantierte Lieferung.

Doch die Politik möchte durch immer mehr Regulation um jeden Preis Geld sparen – etwa durch die „automatische Substitution“ von Biopharmazeutika. Diese Regelung gilt ja in Deutschland schon für einen kleinen Teil der Biopharmazeutika und macht bei Krebs-Infusionen exklusive Krankenkassen-Ausschreibungen möglich, die den Preis enorm drücken können.

Automatische Substitution? Schnell erklärt!

Dr. Stephan Eder: Mit der automatischen Substitution setzt die Politik viel aufs Spiel: Zum einen riskiert sie, dass Unternehmen nicht mehr in Deutschland und Europa entwickeln und produzieren. Das passiert dann in Asien, vor allem in China. Denn dort wird die Biotechnologie gezielt gefördert – auch um strategische Abhängigkeiten zu schüren. Und das ergibt Probleme, wie man sie heute schmerzhaft bei Generika sieht – Stichwort Herstellerkonzentration und Lieferengpässe.

Und zum anderen riskiert sie, dass wir vor den Investitionen zurückschrecken und einzelne Biosimilars gar nicht mehr auf den Markt bringen – wie die besagte Studie zeigt.

Dr. Stephan Eder: In den skandinavischen Ländern finden sich neue Ansätze und mittlerweile gute Beispiele. Norwegische Krankenkassen bewerten in Ausschreibungen die Einhaltung von nachhaltigen und ethischen Kriterien höher als den alleinigen Preis. Diese Erkenntnis kam allerdings nicht über Nacht. Zuvor gab es Ausschreibungen mit 70 bis 90 Prozent niedrigeren Preisen im Vergleich zum Original-Biopharmazeutikum — aber das hat dann am Ende nicht mehr funktioniert.

Alle Antworten zu Biopharmazeutika

Ob bei Krebs, Rheuma oder Multipler Sklerose — Biopharmazeutika bieten neue Behandlungsmöglichkeiten bei schweren Erkrankungen bieten. Nach Patentablauf können verschiedene Hersteller Nachfolgeprodukte auf den Markt bringen: die Biosimilars.

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Was macht die Herstellung komplex?

Biopharmazeutika werden in lebenden Organismen erzeugt — etwa in gentechnisch veränderten Säugetierzellen. Anders als chemisch-synthetische Wirkstoffe bestehen sie aus Tausenden Atomen.

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