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Symposium der AG Pro Biosimilars — Expert:innen einmütig gegen automatische Substitution

  • Ärzte- und Patientenvertreter warnen: Die automatische Substitution kann Therapien gefährden
  • Biotech-Studie zeigt: Kostendruck auf Biosimilars wird Abwanderung der Produktion begünstigen
  • Industrie appelliert: Die neue Regierung sollte den Fehler der alten revidieren

(Berlin) Beim heutigen Symposium der AG Pro Biosimilars haben Expert:innen aus verschiedenen Fachbereichen vor negativen Folgen der sogenannten automatischen Substitution von Biopharmazeutika gewarnt.  Sowohl Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) als auch Dr. Martin Danner, Vorsitzender der Patientenvereinigung BAG-Selbsthilfe, sprachen sich bei der Verordnung von Biopharmazeutika für den Erhalt des Status quo aus. Aus medizinischen Gründen sollten weiterhin Ärzt:innen entscheiden, welches biopharmazeutische Präparat die Patient:innen erhalten und bei der Einstellung auch beraten.

Was ist die automatische Substitution?

Ab Sommer 2022 werden biopharmazeutische Arzneimittel wie Generika behandelt. Sie werden – je nach Rabattvertrag – in der Apotheke gegeneinander ausgetauscht. Das wird negative Folgen für die Patient:innen sowie für den Standort Deutschland haben.

Nocobo-Effekte können die Folge sein

Der AkdÄ-Vorsitzende Ludwig warnte in diesem Zusammenhang vor allem vor dem sogenannten Nocebo-Effekt: „Bei der Einstellung auf ein Biopharmazeutikum braucht es auch weiterhin persönliche ärztliche Beratung. Sonst kann es sein, dass Patient:innen nicht auf die Wirksamkeit und Sicherheit vertrauen und diese auch tatsächlich nicht eintritt.“ Deshalb dürften wirkstoffgleiche Biopharmazeutika nicht in der Apotheke ausgetauscht werden. Der Austausch sollte weiterhin in der Hand der Ärzteschaft bleiben.

Häufige Wechsel sind für Patient:innen nicht hinnehmbar

Patientenvertreter Dr. Martin Danner sprach sich ebenfalls gegen ein Inkrafttreten der automatischen Substitution aus. Es sei nicht akzeptabel, dass schwer Erkrankte zwischen unterschiedlichen biopharmazeutischen Präparaten hin und her switchen müssten. „Patientinnen und Patienten können sich nicht ständig auf neue Präparate einstellen, sie brauchen ärztliche Beratung. Die automatische Substitution gefährdet den Erfolg von Therapien – aus Kostengründen.“

Kostendruck kann zur Abwanderung der Produktion führen

Neben negativen medizinischen Folgen kann die automatische Substitution auch Konsequenzen für den Biosimilar-Standort Deutschland haben. Das zeigt eine Studie, die im Rahmen des Symposiums vorgestellt wurde. Diese macht deutlich, wo in den letzten Jahren weltweit Biotech-Kompetenz entstanden ist: Während die Biosimilars der ersten Welle fast ausschließlich in Europa und den USA produziert wurden, werden die der zweiten Welle nun auch in Asien hergestellt. Diese Entwicklung offenbart Ähnlichkeiten mit dem Generikamarkt. Hier wanderte die Produktion Richtung Asien ab, als die Politik den Kostendruck auf Generika erhöhte.

Vollzieht die neue Regierung jetzt den Fehler der alten?

Walter Röhrer, Vorsitzender der AG Pro Biosimilars, appellierte an die neue Regierung, den Erfolg der Biosimilars und ihre positiven Effekte für die Versorgung für die Patient:innen nicht zu gefährden: „Biosimilars generieren Einsparungen in Milliardenhöhe. Sie machen kostenaufwändige Therapien bezahlbar und somit zugänglich für alle, die sie brauchen. Außerdem besteht maximale Versorgungssicherheit. Es braucht die automatische Substitution nicht. Das jetzt einzusehen, ist eine Chance für die neue Regierung: Sie sollte hier nicht den Fehler machen, den ihr die alte vererbt hat.“

Sie konnten unser Symposium nicht live verfolgen? Hier können Sie sich die Aufzeichnung ansehen.

15.02.2022